Auswanderung der Familie Johann Perius
(1803-1893) aus Thalexweiler nach Südamerika in die Kaffeschneis und
das brasilianische Bohnental
Kontakt
von
Diego Perius
Diego Perius aus einer
brasilianischen Stadt in der Nähe von Porto Alegre hat sich im Winter
2020 beim Vorsitzenden des Vereins für Heimatgeschichte Thalexweiler
nach Literatur zu Thalexweiler, der Heimat seiner Vorfahren, erkundigt.
In der Folge haben wir gemeinsam diese Familien- und
Auswanderungsgeschichte von
Thalexweiler nach Südamerika aus dem endenden 19. Jahrhundert
erforscht.
Im Frühjahr
1879 sind
zuerst die Brüder Nikolaus Perius (28 Jahre alt), Michael
Perius (24)
und der 22 Jahre alte Peter Müller über Antwerpen/Belgien ausgewandert.
Peter Müller (* 22.9.1859 Tha), 2. Sohn von Johann Peter Müller (* 1827
Tha) und Catharina Herres (* 1827 Raßiermühle), wurde drei Jahre später
wegen Vorbereitung einer unerlaubten Auswanderung verurteilt (Amtsbl.
der RGZ Trier 1882), weil er ohne Erlaubnis ausgewandert war (vgl.
Storb/Naumann 2002: Nr. 1703). Die drei jungen Auswanderer nahmen das
engliche Dampfschiff "Rubens" am 11.
Februar 1879 in Antwerpen und kamen am 13. März 1879 in Rio de
Janeiro in Brasilien an. Laut Vermerk des Schiffsoffiziers
Johannes Schulz hatten sie nur Geld, um die Überfahrt bis Rio de
Janeiro zu bezahlen. Sie mussten ohne Geld wohl auf die Weiterfahrt
in
Rio warten. Während der Weiterfahrt mit einem Schiff in die Kaffeeschneis
starb Michael Perius (* 1855, + 1879) und wurde
auf See bestattet. Dazu gibt es keine Urkunden; es wurde nur mündlich
in der
Familie überliefert.
Alsbald nach der Ankunft im brasilianischen Bohnenthal in der
Kaffeeschneis heiratete
Nikolaus Perius in der katholischen Kirche Theresia Michel, Tochter des
Einwanderes Peter Michel und seiner Frau Anna Maria geb. Weber aus
Ebschied ("Koblenz", vermutlich Ebschied bei Simmern im Hunsrück), die
1855 in Brasilien geheiratet hatten. Peter war
einer der Mitbegründer der katholischen Gemeinde Bohnenthal, die heute
zu
der Gemeinde Ivoti-RS gehört. Nikolaus und Theresia hatten acht Söhne
(Johann, Jacob, Peter, Nikolaus, Christof, Joseph, Ludwig und
Valentin(e)).
Im Herbst 1879 (am 29. November) folgte der Rest der
Familie nach: Der
Vater Johann Perius (67 Jahre alt), seine zweite Frau Catharina Brill
(54),
die Kinder
Johann (30), Gertrud (22), Catharina (20), Elisabeth (17), Peter (15),
Eva (11) und und die verheiratete Tochter Anna Maria (geb. 10.7.1852,
27 Jahre alt) mit ihrem
Ehemann Bergmann Michael Schmitt (geb. 27.12.1849 in Steinbach, 30) und
ihren Töchtern Catharina (4), Barbara
(2) und Maria (9 Monate). Auf Michael Schmitts Gesuch beim Amt steht,
dass er sich in Brasilien in seinen Verhältnissen zu bessern gedenke
(siehe Mergen: Auswanderung 1987: 436).
Auf der Schiffsliste stehen noch Georg
Schmidt
(25) und Nicolaus Schmidt (21), beide aus Thalexweiler, Nicolaus
Schmidt aus Aschbach, Peter Schmidt (25), Johann Mohr (22) und
Peter Schuh (21), alle drei aus Steinbach, allesamt sind Landsleute
und katholisch. Sie nahmen am 29. November 1879 das Dampfschiff
"America"
mit Kapitän Pohle und kamen am 27. Dezember 1870 in Rio de Janeiro an.
Sie blieben bis 3. Januar 1880 in einer Einwanderungsunterkunft, bevor
sie nach Rio Grande do Sul weiterfuhren.
Johann Perius mit Ehefrau Katharina und Kindern und Enkelkind (Foto: Archiv Felipe Kuhn Braun)
Die
Abreise der Familie Perius aus Schellenbach ist heute noch in
Thalexweiler bekannt. Der Zeitzeuge Erwin Graf erzählte, dass
seine Urgroßmutter Katharina Perius, die überlebende Tochter aus 1.
Ehe, ihm erzählt habe, dass sie die
"Periusse" angefleht hätte, sie mitzunehmen. Aber man
fuhr ohne sie, die mit Peter Schweitzer verheirtet war, mit dem
Pferdegespann los. Das Gespann hätten sie verkauft, um das Geld für
die Überfahrt zu erhalten, wie am Ort berichtet wird.
Nach ihrer Ankunft im brasilianischen Bohnenthal heiratete Johanns
Tochter Catharina Perius (* 1859) in der dortigen Kirche Peter
Schmidt aus
Steinbach (Sohn von Peter Schmidt und Catharina Quinten).
Am 27. Juli 1887 vermählte sich Sohn Peter Perius (* 1864) in Sting
Happy
mit der in
Brasilien geborenen Maria Rockenbach, deren Familie aus Pünderich kam.
Am 17. Mai 1892 heiratete Johanns jüngste
Tochter Eva
Perius (* 1868)
in Picada Holanda den Italiener Luigi
Ceconi aus dem Veneto. Die
Kinder Johann, Gertrud und Elisabeth blieben unverheiratet. Elisabeth
hatte eine Tochter namens Maria.
In Brasilien erhielt Johann Perius ein 220 Meter breites Stück des
Urwaldes neben der Familie Kreuz aus Alsweiler. Die Kolonie von
Schwager Johann Brill war gerade 1000 m von ihm entfernt (siehe
Grafik).
Einteilung des Urwaldes in Kolonien von 220 m Breite entlang der Schneise im Urwald (Schmidt 1999: 13)
Johann Perius hatte seine Kolonie nur 1100 m von seinem Schwager
Johann Brill entfernt (siehe Skizze). Zu Peter Dill von Thalexweiler
waren es damals vier Stunden, heute sind es nur wenige Minuten per Auto.
Im Brief vom 9. Oktober 1883 berichtet Johann Brill, dass sie sich das
Stück Land mit zwei Häusern, Stall Milchenhütt, das führe dem Tholeyer
Ames gehört habe, gekauft habe. Es liegt in der gleichen Pickade wie
das Land von Johann Perius. Es steht auch ein Traubenstock nahe beim
Haus, weil hier fast jeder Mann seinen Wein anpflanzt. Am 1. Januar
1892 berichtet Schwager Johann und Angela Brill in einem Brief, dass
sie mit Johann Perius und seiner Frau Katharina samstags wegen einer
feierlichen Mission in der Pfarrkiche bis Mitgas geritten wären, wo die
Perius Kinder auf dem Peterschberg gewohnt hätten. Dort blieben sie
über Nacht. Morgens ritten sie wieder weiter und erreichten nach einer
Stunde die Mission und feierten die heilige Messe in der Pfarrkirche.
Dort waren jeden Tag drei Predigten, morgens zwei und nachmittags eine.
Sie blieben bis zum Allerheiligentag und trafen dort auch den
Thalexweiler Landsamnn Peter Dill. Sie hatten Gelegenheit zur Beichte
und feierten ihr Jubiläum. Laut Brief vom 24. Juli 1892 von Johann und
Angela Brill ist Schwager Johann Perius noch mit seinem gesamten
Haushalt gesund und sein jüngsten Mädchen habe vor vierzehn Tagen
geheiratet.
Im brasilianischen Winter 1893 erkrankte Johann Perius im Alter von 81
Jahren an Grippe und erholte sich davon nicht mehr. Er verstarb am 26.
Juli 1893 und seine Frau Catharina Brill vierzehn Tage später ebenfalls
an
dieser Krankheit. Das Ehepaar wurde auf dem Friedhof von Picada Holanda
beerdigt.
Als die Familie Perius in Brasilien ankam, ließ sie sich in Petersberg
in der Kaffeschneis (Picada Café) nieder. Da aber die Region seit 1844
unter deutscher Einwanderung stand, waren die Möglichkeiten, gute
Ackerflächen zu bekommen, selten und teuer. Daher suchten Johanns Söhne
nach Alternativen, um auf brasilianischem Boden Erfolg zu haben.
Nikolaus Perius (* 1850) wanderte weiter nach Forqueta in das nördlich gelegene Krohnenthal (heute zur
Stadt Vale Real-RS gehörig). In den frühen 1900er Jahren verstarb seine
Frau
Theresia Michel, und im Jahr 1902 heiratete er Elisabeth Dapper, welche
die Witwe von Francisco Leobet war.
Geburtstagsfeier von Nikolaus Perius im Jahr 1930 in Campina
Peter Perius (* 1864) und seine Schwester Catharina wanderten in die
Region, die
heute zur Stadt Cruzeiro do Sul gehört.
Anna Maria Perius (* 1852), die Frau von
Michael Schmitt (* 1849), blieb in der Kaffeeschneis (Picada Café) bis
zu ihrem Tod am 8. Juni
1902. Damals lebten die Schmitt-Nachkommen ebenfalls in der Picada
Café.
Eva
Perius (* 1868) dagegen wohnte in Santa Lucia do Piai, wo sie am 31.
Dezember 1926 im
Alter von 58 Jahren verstarb.
Im Jahr 1902 empfahl die Siedlungsgesellschaft "Der Bauernverein", die
neue Ackerflächen erschließen wollte, den deutschstämmigen Siedlern,
neue Ackerland im Nordwesten von Rio Grande do Sul zu erwerben. Es
wurde auf ertragreichem und bewachsenem Land im Urwald zwischen
den Flüssen Ijuí und Comandaí ausgewählt, und
zwar in der
Kolonie Serro Azul, heute Gemeinde Cerro Largo, ca. 500 km von der
Kaffeeschneis entfernt.
Im Jahr 1908 entschied sich Peter Perius dazu in der neuen Kolonie
Serro Azul
Ländereien zu erwerben, um als Pionier die Caraguatá Linie (heute
Salvador de Missões) zu besiedeln.
Gemäß dem Testament eines Enkels von Nikolaus Perius, nämlich Pedro
Seno, sagte sein Vater, dass zwei von seinen sieben Brüdern
dorthin zu der Caraquatá Linie gekommen seien, um bei der Rodung zu
helfen (um das Land zu säubern und die Büsche zu roden) und um die
Bodenbearbeitung durch den Onkel Peter Perius beginnen zu können. Und
dass
sie eines Tages den Comandaí Fluß überquert hätten.
Zum Schluss kaufte Nikolaus Perius 13 Landparzellen in Campina, und
zwar
im Namen seiner Kinder, so dass die Kinder von Nikolaus Perius die
ersten Siedler mit deutscher Abstammung waren, die den Titel einer
vorläufigen Konzession in der Region von Campina hatten (vgl. Kramer,
2019: 49).
Nikolaus Perius war der este Siedler in Campina mit dem Kolonielos 24.
Dann kamen Amadu Nickel, Josepf Hoffmann, Niquel Kreutz, Johan Perius,
Felippe Berwanger, Pedro Perius, Christof Perius, Jose P. Fries, Johan
Fries und Pedro Mosbach. Danach kam die Lehrperson Wilhlem Jung, der
kostenlosen Unterricht anbot, weil er erkannte, dass die
deutschstämmigen Einwandererkinder in katholischen Unterricht in
deutsch unterrichtet werden sollten. Schließlich folgte im Jahr 1912
Pater Franciseo König (Vikar), der unverhofft vor ihrem Wohnhaus stand.
Das Haus war damals noch eine sog. Knüppelhütte oder Nothütte. Er kam
auf dem Esel an und rief auf portugisisch: "Ist jemand zuhause?". Und
Olga geborene Sauer, die Ehefrau von Nikolaus, begrüßte ihn. Man setzte
sich auf einen Holzklotz. Am nächsten Tag feierte man in dieser
Notbehausung, die keinen Fußboden hatte, die erste heilige Messe mit
den vier in der Region damals siedelnden Familien. Mehr zum Fortgang der Besiedleung von Campina das
Misseos nach 1913 hier...
(Quelle: Kramer, Alfredo E.: Campina das Missões. Histórias e
histírias, 2019).
Am 25. Februar 1848 kurz vor der 2. Ehe des Thalexweiler Ackerers
Johann Perius (1803-1893) mit Catharina Brill (1825-1893) schließen die
Brautleute, die alsbald vor der Zivilstandsbehörde heiraten wollten,
einen notariellen Ehevertrag vor dem Tholeyer Notar Bochkoltz ab.
Johann Perius war der Witwer von Gertrud Kirsch (1817-1838) und
Catharina die großjährige Tochter des verstorbenen Peter Brill und
seiner noch lebenden Witwe Catharina Endres aus Lindscheid. Anwesend
waren außer den Brautleuten die Schwiegermutter Gertrud Schweitzer
(1781-1858), Witwe von Johann Kirsch (1791-1833) aus Thalexweiler, und
ihr Sohn Johann Kirsch (1820-1882) sowie ihre Tochter Elisabetha Kirsch
(1823-1881), Ehefrau des anwesenden Ackerers Michel Nicolay. Die
Brautleute erwarben ihr Wohnhaus samt Scheune und Garten in
Schellenbach, das Matzenhaus
genannt wurde, und neben dem Haus von Nikolaus Berwian und der Witwe
Johann Theves stand, für 200 preußische Taler von der Schwiegermutter
und für je 50 Taler von Johann und Elisabetha, also insgesamt für 300
Taler. Es unterschreiben die folgenden Personen, während Gertrud
Schweitzer unterhandzeichnete: Johann
Perius, Katharina Brill, Gertrud + Schweitzer, Michel Nicolay, Johan
Kirsch, Elisabetha Kirsch, die Zeugen Fr. Schneberger, Johs Schu und
Notar Bochkoltz. [Der
gesamte Vertrag hier....]
Um das
Matzenhaus erwerben zu können, lässt Katharina Brill nach der
Eheschließung mit Johann Perius aus Thalexweiler ihre Güter in
Lindscheid am 16. März 1850 versteigern (LA SB, Best. Notariat Tholey
1850/110). Sie treffen sich im Haus von Peter Wilhelm, wo der Tholeyer
Notar Bochkoltz die Versteigerung durchführen.
Zunächst
werden die Äcker versteigert: 1. Ein Acker im Gewann „In Ostenbach bei
dem krummen Krämel“, die 5 Ruten und 6 Schuh groß war, ersteigert der
Bauer Peter Brill für 10 Taler. 2. Ein Acker im Ostenbach von 105 Ruten
und 6 Schuh erhält der Bauer Johann Brill für 10 Taler. 3. Ein Acker
hinter Eichhackerhübel, 11 Ruten und 5 Fuß groß, erwirbt Johann
Schneider für 16 Taler und 10 Groschen. 4. Ein Acker bei dem Röter
Höhborn, 96 Ruten und 90 Fuß groß ersteigert Peter Brill für 5 Taler
und 25 Groschen. 5. Ein Acker in Scherersdell von einer Größe von 109
Ruten 30 Schuh bekommt Michel Warcken für 16 Taler und 5 Groschen. 6.
Ein Acker am Berg in der kurzen Teilung erhält Peter Lesch für 12 Taler
und 15 Groschen. 7. Ein Acker bei dem Dörfer Kreutz auf dem Berg geht
an Nicolas Blug für 14 Taler. 8. Ein Acker im vordersten Flur
ersteigert Peter Lesch für 81 Taler. 9. Ein Acker in den Hanfgärten
geht für 22 Taler und 25 Groschen weg. 10. Ein Acker beim Ellerborn
erhält Peter Scherer für 30 Taler und 15 Groschen. 11. Eine Wiese in
der Sauerwiese geht für 11 Taler an Peter Wilhelm. 12. Eine Wiese in
der Dörtwiese erwirbt Peter Lesch für 21 Taler und 5 Groschen. 13. Eine
Wiese in der Wurzelbacher Wiese geht für 16 Taler an Michael Brill jun.
14. Eine Wiese im oberen Betzem geht an Peter Wilhelm für 21 Taler.
Insgesamt bringt die Versteigerung den Betrag von 167 Taler und 10
Groschen ein. Das Protokoll unterschreiben neben dem Notar Bochkoltz
die Zeugen Nicolaus Brachmann aus Neipel und Matthias Klesen aus
Lindscheid und Johann Perius und Katharina Brill.
Unterschrieben von
Johann Perius, Katharina Brill, Brachmann, Mathias Klesen und Notar
Bochkoltz
Eine Verschriftung des gesamten Vertrages von 1850
hier...
Als die
einzige überlebende Tochter
aus 1. Ehe Catharina Perius (1839-1989 Stb) im Jahr 1861 Peter
Schweitzer (1838-1898 Stb) heiratet, wird
ebenfalls ein Ehekontrakt abgeschlossen (LA SB, Best. Notariat Tholey
1861/667).
Weitere Details zur Auswanderung der Familie Perius nach Brasilien finden sich auch in dem leider vergriffenen Buch "Brasilien grüßt Neipel und Lindscheid" von Karl Schmidt...
Von der Familie Perius wandern auch Namensträger nach Nordamerika aus.
Johann Nikolaus PERIUS (1821–1897 Cavalier County, North Dakota, USA)
und seine Frau Anna Maria Schmidt wandern nach North Dakota in die USA
aus. Sie haben 6 Kinder: Peter Perius (1859-1929), Nickolas
(1861-1935), Lena (1870-), Johan (1872-1941), Rev. Ignatius Perius
(1872-1926) und Mary. Die Ahnentafel von Peter Perius ist bei MyHeritage .... oder bei Geneanet... zu finden.
Auswanderungen nach Kanada:
Catharina Perius (1814–1890 Carrick, Bruce, Ontario, Kanada) wandert
mit ihrem Ehemann Peter SCHNEIDER (* 26.12.1813 Hasborn, † 13.6. 1876
Carrick, Bruce, Ontario, Kanada) im Jahr 1857 nach Kanada aus.
Wer
Hinweise zur Lebach-Thalexweiler und Steinbacher Familie Perius geben
kann, möge sich an Thomas Besse unter
der E-Mail-Adresse thomasatbesse.de wenden.